Von Schöningen zum Torfhaus

Die vierte Etappe der Wohnmobiltour entlang des “Grünen Bandes”  folgt der Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt weiter bis in den Harz. Bei Schöningen graben Archäologen im alten Braunkohleabbaugebiet nach den Spuren aus der Altsteinzeit. Das Forschungsmuseum Paläon gibt in einer modern gestalteten Ausstellung einen Einblick in die Lebensweise der Menschen in dieser Zeit. Ganz in der Nähe liegt die beeindruckende Gedenkstätte Hötensleben. Als nächstes besuchen wir Osterwieck, die “Perle von Sachsen-Anhalt” und Hornburg auf der anderen Seite der ehemaligen Grenze. Auf dem Weg zum Torfhaus  im Harz liegt noch die kleine Gedenkstätte in Stapelburg.

4. September 2020: Die älteste Jagdwaffe und Grenzerfahrungen

Nach einer ruhigen Nacht auf dem Stellplatz in Schöningen laufen wir gut eine viertel Stunde zum Bäcker und frühstücken bei regnerischem, kühlen Wetter im Wohnmobil.

Paläon

Nahe bei Schöningen wurde bis 2016 im Tagebau Braunkohle gefördert. Seit über 40 Jahren graben Archäologen an dieser Stelle nach Spuren aus der Steinzeit.

Seit 1983 führte der Archäologe Hartmut Thieme vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (NLD) mit seinem Team im Vorfeld des Schöninger Tagebaus Rettungsgrabungen durch. Die Krönung seiner Bemühungen war zwischen 1994 und 1998 die Entdeckung mehrerer, vollständig erhaltener Holzartefakte aus der Altsteinzeit – ein Fund der seinesgleichen sucht und ihren Finder in Fachkreisen weltbekannt machte. Die Schöninger Speere sind mit einem Alter von etwa 300.000 Jahren die bisher ältesten erhaltenen Jagdwaffen der Menschheit. (Zitat: https://forschungsmuseum-schoeningen.de/forschung)

Das Museum Tipp ist mit seiner futuristschen Architektur schon sehenswert! Drumherum wurde ein Park gestaltet, so wie man sich aus den archäologischen Funden die Umgebung zur damaligen Zeit vorstellt. Ein Erlebnisparcours für Kinder führt durch den Park und an den angrenzenden Braunkohleabbau. Die Ausstellung im Museum ist sehr modern gestaltet mit großen Dioramen und interaktiven Elementen, die anschaulich die Lebensweise zur Steinzeit vermitteln. Im Zentrum der Ausstellung stehen die ältesten gefundenen Jagdwaffen, die Schöninger Holzspeere.

Gedenkstätte Hötensleben

Zwei Kilometer vom Paläon entfernt liegt Hötensleben in Sachen-Anhalt.  Auf einer Länge von 350 Meter ist der gesamte “Schutzstreifen” im Orginalzusatnd von 1989 komplett erhalten. Die Mauern, Metallgitterzäune, Signaldrähte, Minenfelder, Hundelaufanlagen und Wachtürme stehen seit 1990 unter Denkmalschutz. Die Gedenkstätte Hötensleben Tipp ist der am besten und umfänglichsten erhaltene Abschnitt der Grenzbefestigungen. Da die Häuser des Dorfes in unmittelbarer Nähe zur Grenzanlage standen, wurden eine zusätzliche Sichtmauer und zwei Lichttrassen installiert.

Zum  Flyer mit Informationen zur Gedenkstätte

In Osterwieck

Zum Übernachten möchten wir gerne in einen hübschen Ort, vielleicht auch mit Gastronomie für ein gepflegtes Abendessen. Ausgesucht haben wir uns Osterwieck, die “Perle von Sachsen Anhalt“. Es soll ein Städtchen mit vielen, prunkvollen Fachwerkhäusern sein. Die Ankunft ist aber etwas ernüchternd: viele Häuser in schlechtem Zustand, keine Leute auf den Straßen zu sehen und Geschäfte oder Restaurants auch nicht zu entdecken. Vielleicht liegt es u.a. am trüben Wetter, aber das sieht alles nicht sehr vertrauenserweckend aus. Mitten in der Stadt auf einem Parkplatz übernachten, das wollen wir nicht. So fahren wir an den Ortsrand, den Berg hinauf auf einen Wanderparkplatz.

Um ein paar Schritte zu sammeln, laufen wir  einen Rundweg zum Bismarckturm, von dem man einen schönen Rundumblick hat. Zum Turm führt eine breite Allee für Spaziergänger, die mit dem bunten Laub und trüben Licht schon recht herbstlich aussieht. Das Gasthaus “Waldhaus Osterwieck” sieht innen auch nicht besonders einladend aus und so verkriechen wir und ins Wohnmobil und kochen selbst.

5. September 2020: Von der Perle Sachsen zum Torfhaus

Stadtrundgang Osterwieck

Die Übernachtung auf dem Wanderparkplatz war ideal. Obwohl es wieder regnet, wollen wir Osterwieck noch eine Chance geben. Wir gehen von dort zu Fuß in den Ort und streunen durch die Straßen.

Das über 1025 jährige Osterwieck liegt im Tal der Ilse zwischen dem Großen Fallstein im Norden und dem Harz im Süden. Prunkvolle Fachwerkhäuser aus den Stilepochen Gotik, dem Niedersächsischen Stil, der Renaissance und dem Barock prägen das Bild der Altstadt. Viele der Häuser sind mit wunderschönen Schnitzereien und Inschriften verziert. Das vermutlich älteste Haus stammt aus dem Jahre 1480. Dieses, in seiner Geschlossenheit einzigartige, Fachwerkensemble Osterwiecks mit über 400 Häusern, wird zu den wertvollsten der neuen Bundesländer gezählt und hat der Stadt den Beinnamen „Perle Sachsen-Anhalts“ eingebracht. (Zitat: https://www.harzinfo.de/urlaubsorte/osterwieck)

Das stimmt sicherlich. Es gibt toll verzierte Fachwerkhäuser. Interessant ist, dass an den meisten eine kleine Tafel angebracht ist mit Informationen über Geschichte und Baustil des Hauses. Manche sind super hergerichtet, viele aber auch verwahrlost. Touristisch ist Osterwieck überhaupt nicht erschlossen – bis auf das schöne Hotel “Brauner Hirsch”. Ansonsten gibt es in der ganzen Stadt kein Café, kein Restaurant, kein Geschäft! Noch nicht einmal die üblichen Kebab Läden, Nagelstudios, Spielhallen oder Telefonshops! Nix, bis auf einen Optiker in einem ganz imposanten Haus, eine Apotheke und eine geschlossene Bar.

Stadtrundgang Hornburg

Einen kleinen Sprung über die Grenze nach Niedersachesen liegt eine andere Perle mit Fachwerkhäusern: Hornburg. Ein schönes, kleines Städtchen mit einer Burg, einem Mühlbach mit alter Mühle und vielen Fachwerkhäusern. Hornburg ist etwas lebenswerter. Es gibt ein oder zwei Cafés, Restaurants und ein paar Geschäfte. Man kann dort einen schönen Zwischenhalt einlegen, wenn man zufällig vorbei kommt.

Gedenkstätte Stapelburg

Auf unserem Weg in den Harz wechseln wir ab und an von Niedersachsen nach Sachen-Anhalt. Besonders an dieser Stelle ist, dass schon am 11. November 1989 die Bewohner die Grenze öffneten und einen Übergang nach Eckertal ermöglichten. Das war die erste Grenzöffnung am Grünen Band. Das Museum zur Gedenkstätte existiert seit einigen Jahren nicht mehr. Die Art der Grenzbefestigung in Stapelburg haben wir an keiner anderen Stelle gesehen. Niedrige Mauern aus übereinandergestapelter Betonsteine und dazwischen eine betonierte Fläche. Sieht im heutige Zustand nicht wie ein unüberwindliches Hindernis aus!

Torfhaus

Bei Stapelburg geht es noch einmal über die Grenze und die B4 schraubt sich dann schon bald hoch in den Harz. In Torfhaus wollen wir auf dem großen Parkplatz am Besucherzentrum übernachten. Als wir ankommen ist es recht kühl, windig und die tiefen Wolken verdecken den Brocken. Unter diesen Bedingungen verkriechen wir uns bald ins Wohnmobil und verbringen eine recht ruhige Nacht, obwohl die Bundesstraße direkt am Parkplatz vorbei führt.

Die Route

 

Reiseberichte über die nächsten Tage